Der Leser wundert sich jetzt vielleicht über diese Überschrift, aber ich werde hier kurz schildern, warum diejenigen, die Zeitschriften, Post oder ähnliches zu verteilen haben, es mitunter nicht besonders leicht haben.
Ausgerüstet mit dem zu verteilenden Material begibt sich der Verteiler an die Arbeit. Jedes Haus wird angesteuert, um die Postkästen zu füllen. Während Gott lob die neueren Postkästen größtenteils gut sichtbar und leicht zu befüllen sind, neigen ihre älteren Vorgänger dazu, dem Verteiler unfreiwillige, sportliche Verrenkungen machen zu lassen. Dies wird bisweilen von den Hausbesitzern noch gesteigert, indem zum Beispiel der Briefkastenschlitz sich 1. ganz unten in der Tür befindet. (Okay, da kann der Besitzer nichts für. Das ist Sache des genialen Türdesigners. Ihn hätte man vielleicht ein halbjähriges Praktikum als Postbote auferlegen sollen, dann wären solche Briefschlitze nie erfunden worden!) 2. stellt der Hausbesitzer einen riesigen Blumentopf direkt davor, sodass es für einen Postboten kaum möglich ist, seine Post ordentlich in den Schlitz zu stecken. Allerdings ist er verpflichtet, die Post so in den Briefkasten zu verstauen, dass sie nicht mehr zu sehen ist. Die erste akrobatische Übung am frühen Morgen ist gesichert – denn der Zeitungsbote war schon da und der Schlitz ist schon ausgefüllt.
Es gibt auch Postkästen, deren Existenz nur Eingeweihte bekannt sind. Da hat sich der Architekt dermaßen ausgetobt, dass für harmlose Verteiler das Rätselraten über den Aufenthaltsort beginnt. Allerdings kann da nur der Besitzer, als Insider, Aufklärungsarbeit leisten.
Beginnt man nun zum Beispiel als Zeitschriftenverteiler seine Arbeit, ist es interessant zu beobachten, wie manche Leute begierig darauf warten, ihren Postkasten zu entleeren, um die neu erworbene Sache zu lesen. Kaum hat man die Zeitschrift eingesteckt, hört man es hinter sich schon klappern. Ebenso erfährt man rasch, wer Haustiere hält. Wütende Hunde, die hinter verschlossenen Türen den Briefschlitz samt Inhalt ankläffen. Eventuell auch schon herauszerren (Ich vermute, allerdings ohne Erlaubnis des Herrchens) Einige öffnen gleich schon die Tür und nehmen die Zeitschrift(oder Post) direkt in Empfang – für jeden Verteiler die optimale Bedingung!
Witzig ist auch, wenn jemand unbedingt die Zeitschrift sofort haben will, aber nicht möchte, dass der Verteiler es mitbekommt. Das geht dann so: Zeitschrift im Postkasten, Verteiler dreht sich um und geht weg, hört aber folgende Geräusche hinter sich: leises Klappern des Briefkastendeckels. Er dreht sich um und glaubt, die Zeitschrift ist herausgefallen. Aber nein, sie steckt noch. Naja, vielleicht war es der Wind. Man dreht sich um geht einen Schritt und hört wieder ein leises Klappern und Rascheln. Eine Maus? Wieder geht der Blick zum Briefkasten, der wie erstarrt ruhig und unschuldig die Zeitschrift festhält. Lächelnd erkennt nun der Verteiler den Schatten im inneren des Hauses und entfernt sich. Hinter sich hört er bald das bekannte Klack und die Zeitschrift hat endlich den Empfänger erreicht.
Nun erreicht der Verteiler ein Haus, vor dem ein Hund, getarnt als Bettvorleger, liegt. Freundlich aber bestimmt wird jener Hund angesprochen. „ Na, musst du aufpassen?“ Der Hund schaut den Verteiler mit großen Augen an und räumt sofort die Treppe, als wolle er sagen: „Hey, ich mach dir Platz, aber tu mir nichts.“ Man wirft die Zeitschrift ein und hört aus dem inneren des Hauses eilende Schritte und den Ruf: „der Hund tut nichts“. Inzwischen wagte der Hund mit bettelnden Augen einige Schritte auf den Verteiler zu, um Streicheleinheiten zu bekommen. Natürlich erhielt er sie auch. Inzwischen kam die Hundebesitzerin aus dem Haus, im Glauben, der Verteiler hätte Angst vor dem Hund. Sie wurde aber beruhigt. Der Verteiler dachte nur bei sich:“ na, wer hier wohl vor wem Angst hat.“
Beim nächsten Haus werkelt der Besitzer im Garten und ist außerdem recht redselig. „ Ach, ist es schon wieder so weit, dass es die Zeitschrift gibt? „ Stirnrunzelnd wird man anschließend angeschaut und gefragt: „Sie sind aber nicht von hier, oder?“ „ Doch“ antwortet man und weist darauf hin, dass man eigentlich schon sein ganzes Leben hier im Dorf wohnt.“ Seine Antwort: „ Das ist aber komisch, ich habe Sie ja noch nie gesehen“ Man denkt nur, „ naja, bei 16 Tausend Einwohner kann das schon mal passieren.“ Lächelt aber nur und verabschiedet sich dann freundlich und setzt seine Arbeit fort. (Anmerkung: Das war ein Mann, keine Frau! Also, nicht nur Frauen sind neugierig!)
Abschließend noch ein paar Bemerkungen zu den Häusern. Auch hier gibt es wie bei den Postkästen große Unterschiede. Von gepflegten Mietshäusern bis zu – naja, Mietshäusern. Von äußerst gepflegten Eigenheimen mit hübschen, teilweise beeindruckenden Vorgärten zu Eigenheimen mit Vorgärten. Und hier und da ein Haus, bei dem man erst den Nachbarn fragen muss, ob es bewohnt oder bald abgerissen wird
Oktober
21
Das schwere Los der Post, Brief oder Zeitschriftenverteiler